Die Burg Warberg diente als Kulisse für eine Diskussion des SPD-Bezirksvorstands Braunschweig im Rahmen seiner jährlichen Klausurtagung. Der Bezirksvorsitzende und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil MdB lud zwei profunde Kenner der derzeitigen internationalen Lage zum Kamingespräch: Prof. Dr. Anja P. Jakobi, Leiterin des Instituts für Internationale Beziehungen am Department für Sozialwissenschaften der TU Braunschweig und Prof. Dr. Jens Südekum, Professor für internationale Volkswirtschaftslehre an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.
„Zeitenwende – zwischen Krieg und Fortschritt“ lautete das Thema. Jakobi und Südekum beurteilten erst einmal ihre Sicht der Dinge. „Wir haben uns von Russland und Putin in den vergangenen Jahren immer wieder blenden lassen und wollten bestimmte Entwicklungen nicht wahrhaben. Mit der Folge, dass Putin glaubte, er könne sich die Ukraine durch einen schnellen Krieg einfach so einverleiben“, so Jakobi. In diesem Zusammenhang müsse aber nicht nur die SPD ihre Russland-Politik hinterfragen, sondern auch andere Parteien, insbesondere die CDU, die in den vergangenen Jahren durch Angela Merkel und ihre Richtlinienkompetenz als Bundeskanzlerin die internationale Politik geprägt hat. „Jetzt muss die Bundesregierung klare Antworten auf die aggressive Politik Russlands finden. Hier muss aber besonnen gehandelt werden und nicht überhastet. Dies macht Bundeskanzler Olaf Scholz ganz richtig, indem er den Fokus nicht auf populistische Politik legt, sondern auf klare Abstimmung mit den europäischen Partnern und den USA“, erklärte Jakobi.
Südekum legte den Fokus auf die wirtschaftlichen Folgen für Deutschland und die gesamte Europäische Union. „Es ist davon auszugehen, dass Putin in den nächsten Wochen den Gashahn komplett zudrehen wird. Je schlechter sein völkerrechtswidriger Krieg verläuft, umso unberechenbarer wird er“, so der Volkswirt. Das Prinzip der deutschen Außenpolitik „Wandel durch Annäherung“ zu ermöglichen und so demokratische Werte zu exportieren, sei durch den russischen Angriffskrieg und den expansionistischen Kurs Chinas leider widerlegt.
Für die Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland bedeute dies nichts Gutes. Die Preiserhöhungen für Öl und Gas sowie für viele andere Verbrauchsgüter seien bei den Menschen noch gar nicht vollständig angekommen. „Die bisherigen Ansätze der Bundesregierung, um die negativen Folgen für die Bevölkerung abzumildern, sind richtig und wichtig. Inwieweit diese aber ausreichend sind, um die negativen Folgen zu mildern, lasse sich nicht verlässlich vorhersagen“, so Südekum.
Heil betonte, dass die gestörten Lieferketten im Zusammenhang mit Corona und jetzt mit dem Krieg, zu einem Umdenken bei Investitionen von Unternehmen im Ausland führen müsse. „Europa muss Schlüsselindustrien vorhalten und Standorte für Produkte in sensiblen Bereichen wie dem Gesundheitssektor aufbauen“, so der Bundestagsabgeordnete. Zudem werde die Bundesregierung Menschen mit geringem Einkommen in den Krisenzeiten nicht allein lassen und auch weiterhin unterstützen. Gerade im Hinblick auf den kommenden Winter, in dem die Heizkosten noch einmal stark steigen werden.
Alle betonten, dass sie kaum Hoffnung haben, dass der Krieg schnell ende. Zudem wurde in Zweifel gezogen, dass Russland in den nächsten Jahren als verlässlicher Partner auf die Weltbühne zurückkommen könne. „Aber Europa werde seine Werte wie Freiheit, Frieden und Sicherheit mit allen Konsequenzen verteidigen. Gegen jede Form von Aggression“, so Heil abschließend.

Teilnehmende des Kamingesprächs des SPD-Bezirks Braunschweig: Falko Mohrs MdB, Prof. Dr. Jens Südekum, Hubertus Heil MdB, Prof. Dr. Anja P. Jakobi und Jörn Domeier MdL vor dem Turm der Burg Warberg.