In vier Workshops und einer anschließenden Podiumsdiskussion – moderiert von Uwe Hildebrandt von der Braunschweiger Zeitung – erörterten die Teilnehmer Ursachen und Möglichkeiten der Bekämpfung von Armut. Themenschwerpunkte waren Kinder- und Altersarmut, Bildungsgerechtigkeit, Mindestlohn und soziale Netzwerke.
„Die drei Organisatoren dieser Konferenz sitzen alle in einem Boot, wenn es darum geht, Menschen, die Hilfe benötigen, auch teilhaben zu lassen“, sagte Wilhelm Schmidt, Vorsitzender des AWO-Bundespräsidiums. „Die 2. Sozialkonferenz kann heute eine Bewegung in die Region tragen und die Sozialpolitik von der Kommune bis zum Bund beeinflussen.“
Hubertus Heil, Vorsitzender des SPD-Bezirks Braunschweig, sprach sich gegen eine von der Bundesregierung geplante Einführung einer Chipkarte aus, die von Hartz IV betroffenen Kindern den Zugang zu Bildungsangeboten ermöglichen soll: „Was nützt so eine Chipkarte, wenn die Infrastruktur nicht vorhanden ist?“ Stattdessen sollten der Ausbau von Ganztagsschulen massiv vorangetrieben und ein Bundesprogramm für Schulsozialarbeit aufgelegt werden.
Mit bedrückenden Zahlen wartete Günter Baaske, Minister für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie des Landes Brandenburg, auf: „15,5 Prozent der Bevölkerung sind armutsgefährdet, das sind 12 Millionen Menschen. Ein Viertel davon ist zwischen 19 und 25 Jahren alt. 1,7 Millionen Kinder sind betroffen. Diese Zahlen sind in den vergangenen fünf Jahren um ein Drittel gestiegen.“ Als eine Möglichkeit, hier gegenzusteuern, stellte er das „Netzwerk gesunde Kinder“ vor, das er in Brandenburg eingeführt hat.
„Rente mit 67 ist Mist“, brachte Michael Kleber, DGB-Regionsvorsitzender, die Position der Gewerkschaften zur Rentendiskussion auf den Punkt. „Wir benötigen mehr sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze. Weg mit Mini- und Midi-Jobs, weg mit Leiharbeit. Dann können wir uns auch eine Rente mit 62 leisten.“
Zum Thema Leiharbeit beteuerte AWO-Bezirksgeschäftsführer Rifat Fershoglu-Weber: „Solange ich hier in der Verantwortung bin, passiert das nicht! Unsere Mitarbeiter sind unser höchstes Gut, sie können nicht verantwortungsvoll pflegen, wenn sie sich Sorgen um ihre eigene Existenz machen müssen. Unser Mindestlohn liegt bei knapp 10 €.“ Der kürzlich beschlossene Mindestlohn von 8,50 € sei viel zu niedrig.
Wie soll die Zukunft aussehen, welche Maßnahmen könnten Armut eindämmen?
Carola Reimann, Vorsitzende des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestages und SPD-Bezirksvorstandsmitglied, forderte eine Anpassung der Infrastruktur an die bestehenden und künftigen Verhältnisse: „Wir sind eine älter werdende Stadt!“ Um Kinderarmut zu beheben, sei die Kindergelderhöhung der falsche Weg. Stattdessen sei der Ausbau von Kitas, Ganztagsbetreuung und Ganztagsschulen notwendig.
Michael Kleber: „Ich halte längeres, vernünftiges Lernen ohne Gebühren für eine gute Sache! Außerdem muss die immer weiter auseinander gehende Schere zwischen Arm und Reich wieder geschlossen werden! Es muss wieder eine Umverteilung von oben nach unten geben.“
„Mein Hauptwunsch zur Armutsbekämpfung ist die Renaissance des Sozialstaates“, fasst AWO-Bezirksgeschäftsführer Rifat Fersahoglu-Weber seine Forderungen zusammen. „Ich wünsche mir, dass wir gemeinsam für unser Land Verantwortung übernehmen und alle starkmachen.“